Sonntag, 20. Oktober 2019

Wahlen in Kanada

Am 21.Oktober sind Wahlen in Kanada und Amtsinhaber Justin Trudeau hat einen schweren Stand. Nach aktuellen Umfragen führt er 0,4 Prozentpunkte vor seinem Hauptgegener, der Konservativen Partei und an die absolute Mehrheit wie 2015 ist nicht zu denken.

Sein größtes Problem im Wahlkampf war dabei die sogenannte "SNC-Lavalin-Affäre".

SNC-Lavalin ist eine Baufirma aus Montréal, der vorgeworfen wird, bis zu 50 Millionen Dollar an Bestechung für libysche Staatsangestellte gezahlt zu haben. In Kanada werden Firmen, die gegen die strikten Anti-Korruptionsrichtlinien verstoßen, bis zu 10 Jahre von der Ausschreibung öffentlicher Aufträge ausgeschlossen. Die Firma bemühte sich insofern, nachdem ein entsprechendes Verfahren eingeleitet worden war, um ein sogenanntes DPA (deferred prosecution agreement). Der Generalstaatsanwalt kann unter einem DPA die Verfolgung von Straftaten verschieben, wenn das betroffene Unternehmen Entschädigungen leistet und glaubwürdig interne Kontrollen aufbaut, um entsprechende Straftaten in der Zukunft zu verhindern.

Justin Trudeau und Jody Wilson-Raybould - Quelle:BBC


Die zuständige Justizministerin Jody Wilson-Raybould wollte jedoch nicht zu diesem Mittel greifen, da sie den entsprechenden Behörden vertraute und jeden Eindruck politischer Einmischung vermeiden wollte. Das Mittel der DPA wurde übrigens nach Publikwerden der Bestechungsvorwürfe und vor der offiziellen Anklage auf massives Betreiben von u.a. SNC-Lavalin erst eingeführt.

Justin Trudeau, in dessen Wahlbezirk SNC-Lavalin seinen Hauptsitz hat, hatte nach dieser Entscheidung ein Meeting mit Jody Wilson-Raybould, in der er ihr die wirtschaftlichen Folgen für die Region vor Augen führte und sie bat, diese Entscheidung zu überdenken. Die Justizministerin fühlte sich durch Trudeau wie auch in der Folge durch mehrere seiner Mitarbeiter massiv unter Druck gesetzt, was der Premierminister natürlich anders sieht. Der Ethikkomissar nahm eine Untersuchung auf und bestätigte, dass hier unangemessen Druck ausgeübt wurde. Ernsthafte Strafen kann er allerdings nicht verhängen, Justin Trudeau hatte einige 100 Dollar zu zahlen.

Im Januar diesen Jahres gestaltete Justin Trudeau sein Kabinett um und machte Jody Wilson-Raybould von der Justiz- zur Veteranenministerin. Einen Monat später trat sie zurück. In der Folge trat auch die Haushaltsministerin Jane Philpott zurück. Beide Frauen wurden im April von Justin Trudeau auch aus der Fraktion ausgeschlossen und nicht wieder als Kandidatinnen für die jetzt stattfindenden Wahlen aufgestellt.

Neben  den Vorwürfen, Korruption zu decken, ist die Affäre für Justin Trudeau unangenehm, da Jody Wilson-Raybould als Angehörige der First Nations ein besonderes Aushängeschild für seine Politik des Ausgleichs mit den kanadischen Ureinwohnern war. Ein kürzlich aufgetauchtes Foto aus 2001, das Trudeau im Rahmen einer Schulfeier mit geschwärztem Gesicht zeigt, wird heute ebenso als unpassend empfunden. Auch dass die Regierung Trudeau Berufung einlegt gegen ein Urteil des Canadian Human Rights Tribunal über Entschädigungszahlungen an Angehörige der First Nations wegen erlittenen Unrechts im Rahmen früherer Erziehungsprogramme in den Reservaten, passt nicht ins Bild des multikulturellen Premiers. Er liefert hier einige Angriffspunkte, die seine Gegner gerne nutzen.

Gewählt werden übrigens 338 Abgeordnete des Unterhauses, nach dem relativen Mehrheitswahlrecht. Also, wer in einem Wahlbezirk die meisten Stimmen erhält, ist gewählt. Die Wahlbezirke werden alle 10 Jahre von einer parteiunabhängigen Kommission auf Basis des Zensus neu verteilt. Dabei gilt aber, dass keine Provinz weniger Abgeordnete haben darf, als zu der Zeit, als sie der Konföderation beigetreten ist. Provinzen mit Bevölkerungszuwachs, wie Ontario oder British Columbia, sind insofern ggü. Provinzen mit Bevölkerungsschwund, wie Nova Scotia oder Prince Edward Island etwas unterrepräsentiert.
Die Wahlen werden immer an einem Montag durchgeführt. Die Wahlzeiten werden so gelegt, dass möglichst alle Ergebnisse zur gleichen Zeit vorliegen. Bei 6 Zeitzonen kann es in Zeiten von Social Media allerdings vorkommen, dass die Ergebnisse aus dem Osten bereits publik werden, während in British Columbia die Wahllokale noch geöffnet sind.
Entlegene Wohngegenden wie Leuchttürme oder Orte, die nur per Flugzeug erreichbar sind, werden übrigens von Service Agents besucht. Sie reisen vor der Wahl mit den Wahlurnen an und reisen weiter, wenn alle Anwohner gewählt haben.

Wahlberechtigt sind alle Kanadier ab 18 Jahren.  Man lässt sich entweder bei Elections Canada als Wähler registrieren und erhält dann eine Voter Card, oder man weist sich durch ein oder mehrere Dokumente aus, die die Identität (Foto) und die aktuelle Adresse nachweisen. Das geht vom üblichen Führerschein bis hin zum Blutspendeausweis. Es gibt eine lange offizielle Liste der zulässigen Dokumente. 
Früher durften Kanadier, die länger als 5 Jahre außer Landes gelebt haben, nicht wählen. Inzwischen kann man sich registrieren lassen und wählt dann für den Wahlbezirk, der die letzte Adresse in Kanada war.

Samstag, 27. Oktober 2018

Cannabis in Kanada

Quelle: Wikipedia
Seit dem 17.Oktober 2018 ist Cannabis in Kanada legal. Das war eines der Wahlversprechen von Justin Trudeau und entspricht auch der Empfehlung vieler Experten. Die Idee dahinter ist, kriminelle Netzwerke so von einer Geldquelle abzuschneiden und stattdessen auf staatlicher Ebene von dem Geschäft zu profitieren.
Wer über 18 Jahre alt ist, darf ab sofort in Kanada bis zu 30 g Cannabis in speziellen, staatlich zugelassenen Geschäften oder online kaufen, besitzen und mit anderen Erwachsenen teilen. Außerdem darf man als Erwachsener bis zu 4 Cannabispflanzen, die man ebenfalls über staatliche Stellen bezogen hat, in seinem Haushalt haben. Die müssen aber natürlich entsprechend gesichert sein, damit Kinder oder Jugendliche nicht herankommen. Die Weitergabe von Cannabis an Minderjährige oder der Bezug über nicht autorisierte Stellen stehen unter Strafe. Versteht sich, dass Autofahren oder das Bedienen von Maschinen unter Cannabis-Einfluss verboten sind. Außerdem ist es nicht erlaubt, mit Cannabis die kanadische Grenze zu überqueren, auch nicht bei der Einreise. Bei der Ausreise wäre es ohnehin ungeschickt, da im Zielland Cannabis verboten sein dürfte - außer Urugay hat kein anderes Land der Welt Cannabis bisher legalisiert.
 
Der 17. Oktober ist landesweit mit Spannung erwartet worden. Es gibt sehr wenige staatliche zugelassene Geschäfte, in BC z.B. ausschließlich eines in Kamloops, weil die Zulassung so lange dauerte (bzw. es erst einmal dauerte, bis die Regeln dafür feststanden). Außerdem wurde ein echter Run auf Cannabis vermutet und man wartet gespannt, ob es zu einer Angebotsknappheit kommt. In der Tat meldet z.B. Alberta bereits, dass die Bestände knapp werden. Jeder Haushalt hat vor dem Termin auch einen Flyer im Briefkasten gehabt, in dem die Regeln auf Englisch und Französisch noch einmal erklärt wurden.
 
Zu medizinischen Zwecken war Cannabis in Kanada übrigens bereits seit 2001 erlaubt. Wir haben auch in Vernon mehrere Läden, wo man gegen eine ärztliche Bescheinigung Cannabis erwerben konnte. Die mussten jetzt unter der neuen Regelung allerdings alle schließen. Wie es mit ihnen weitergehen soll, ist noch nicht ausdiskutiert. Gratis abgeben dürfen sie Cannabis aber offensichtlich, es ging nämlich durch die Presse, dass ein Laden genau das gemacht hat - natürlich nur an die Stammkundschaft.
 
Die Preise bewegen sich übrigens je nach Qualität zwischen 5 und 14$ pro Gramm, Öle oder Kapseln kosten bis zu 60 $ das Gramm. Die Preisfindung war durchaus schwierig, weil man teuer genug sein möchte, um nicht allzu sehr zum Konsum anzuregen (und um möglichst viel zu verdienen, natürlich), aber nicht so teuer, dass sich der Kauf auf dem Schwarzmarkt lohnen würde. Inwieweit das mit diesen Preisen gelungen ist, kann ich nicht beurteilen.

Sonntag, 7. Oktober 2018

Waldbrände 2018

Nach einem unüblich frühen Herbsteinbruch kann man jetzt die Waldbrandsituation dieses Jahr Revue passieren lassen.
2017 galt mit 12.161 km² verbrannter Fläche als ein Rekordjahr, 2018 hat es Ende August mit 13.500 km² noch übertroffen. Zum Vergleich: bei den verheerenden Waldbränden in Kalifornien, über die in der deutschen Presse ausführlich berichtet wurde, sind 6.105 km² verbrannt. Allerdings leben in Kalifornien fast 40 Millionen Menschen, in BC 4,5 Millionen und BC ist mehr als doppelt so groß wie Kalifornien.
Nichtsdestotrotz, die in 2017 und 2018 verbrannte Fläche ist größer als die der 25 Jahre davor zusammengenommen.
 
Die Ursachen sind vielfältig: auch in BC war es ein extrem heißer Sommer. In Kelowna fielen zwischen Juni und August nicht einmal die Hälfte der üblichen Regenmengen. An der Pazifikküste gab es ab 24. Juli eine Hitzewelle mit reihenweise Rekorden. Die Durschnittstemperaturen wurden hier um 5-8 Grad übertroffen, alleine 11 Ortschaften hatten neue Hitzerekorde zu vermelden mit Temperaturen teils über 40 Grad. Am Pazifik!
 
Zustände wie die in den vergangenen zwei Saisons hatten Experten erst für 2050 erwartet. Durch die wärmer werdende Arktis schwächt sich der polare Jetstream ab. Das führte dazu, dass die Hochdruckgebiete sich über British Columbia richtig festgesetzt haben - kein Wind, der sie weggeblasen hätte. So sind die Pflanzen immer stärker ausgetrocknet und es kam vermehrt zu Hitzegewittern. Gut 2/3 der Waldbrände wurden durch Blitzeinschläge ausgelöst. Allein am 11. August kam es in der Provinz zu mehr als 20.000 Blitzeinschlägen. Der Rest der Brände beruht allerdings auf menschlichem Handeln. Zur Wahrheit gehört leider auch, dass es nach wie vor gedankenlose Menschen gibt, die mitten in potenziellem Waldbrandgebiet Flaschen liegen lassen oder Zigaretten aus dem Fenster schnippen (was unter Strafe steht).
 
Die stabile Wetterlage hatte auch zur Folge, dass der Qualm der Feuer sich wie eine Dunstglocke über die Provinz gelegt hat: sobald man das Haus verlassen hat, kratzte es im Hals und tränten die Augen, auch innerhalb des Haues war der Qualm zu riechen. Die Luftqualität wurde mehrfach auch in Städten wie Vancouver mit 10+ angegeben. Das +, weil die Grenzwerte für die oberste Stufe 10 übertroffen wurden. Es wurde massiv davon abgeraten, sich im Freien zu bewegen, auf gar keinen Fall sollte man dort Sport machen. Konsequenterweise mussten in Kelowna das traditionelle Drachenbootrennen und auch der 35. Apple Triathlon (nach der Frucht, nicht der Firma) abgesagt werden. Insgesamt gab es in British Columbia 60 Tage sogenannte Air Quality Alerts.
 
Vancouver im Feuerqualm
Bild: CTV Vanvouver News
Die Brandprävention hat man aber auch lange vernachlässigt, wie Experten jetzt bemängeln. Bereits 2003 waren bei einem großen Waldbrand bei Kelowna 239 Häuser vernichtet worden. Eine daraufhin einberufene Kommission empfahl, die Umgebung von Siedlungen von potenziellem Brandmaterial wie Totholz  oder auch einzelnen Büschen zu räumen. Passiert ist seitdem wenig.
Diese präventiven Aufräumarbeiten können natürlich nur durch schweres Gerät oder kontrollierte Brände vorgenommen werden. Als Kosten wurden 2015 ca. 10.000 kanadische Dollar pro Hektar geschätzt. Ca. 10% der empfohlenen Gebiete wurden seit 2015 entsprechend bereinigt. Auch in Predator Ridge gibt es jährlich einen "Fire Smart"-Termin, bei dem Freiwillige einen Streifen des Waldes um uns herum von Totholz befreien.
 
Für die Bekämpfung der Waldbrände in 2017/2018 wurden inzwischen 1 Milliarde kanadische Dollar ausgegeben. Die Regierung unterstützt daher jetzt auch massiv die Prävention: über die nächsten drei Jahre sollen Kommunen und First Nations (die in diversen Gebieten eine eigenständige Verwaltung haben) 50 Millionen kanadische Dollar hierfür erhalten und auch im Haushalt wird ein Posten für Waldbrandprävention eingestellt. Bis die Maßnahmen wirklich greifen wird es aber noch einige Jahre dauern.
 
Derweil tauen im benachbarten Alberta durch Waldbrände die Permafrostböden unwiderruflich auf, dreimal so schnell wie erwartet. Das führt zu Schäden bei Straßen und Gebäuden und setzt jede Menge Treibhausgase frei. Im Okanagan gibt es große Einbußen bei der Honigherstellung, weil die Bienen im Rauch viel langsamer geflogen sind und die Weinbauern machen sich Sorgen, dass die Trauben das rauchige Aroma übernommen haben könnten.

Montag, 16. April 2018

Handelskriege

Über Handelskriege wird ja derzeit viel gesprochen. Es gibt aber auch einen innerhalb von Kanada: Alberta hatte zwischenzeitlich die Lieferung von Wein aus BC untersagt, droht die Öl- und Gaslieferungen nach BC zu drosseln, Premierminister Trudeau unterbricht eine Auslandsreise... Was ist da los?
 
Es geht um den Bau der Trans Mountain Pipeline, die aus den Ölsanden Albertas gewonnenes Bitumen in den Hafen von Vancouver bringen soll. Der Bau der Pipeline wurde 2016 von der kanadischen Regierung genehmigt. Sie ist Teil des Gesamtkonzepts der liberalen Regierung von Premier Trudeau mit dem man Ökologie und Ökonomie versöhnen will. Die vorhandenen Rohstoffe sollen weiter genutzt werden (im Ölsand Albertas soll mehr Öl lagern als in Saudi-Arabien), während andererseits der Preis für Kohlenwasserstoffe angehoben wird und der Schutz der Ozeane massiv vorangetrieben wird.
Der Bau ist die Erweiterung einer bereits existierenden Pipeline und wird das transportierte Volumen von 300.000 Barrel auf 890.000 Barrel täglich fast verdreifachen. Das 7,4 Mrd. $ Projekt wird von der amerikanischen Firma Kinder Morgan durchgeführt. Die entsprechend steigenden Einnahmen aus dem Verkauf sind im Budget der Provinz Alberta fest eingeplant.



Nun waren 2017 in British Columbia Wahlen und die bis dato regierenden Liberalen wurden durch eine Koalition aus NDP und Grünen abgelöst. Für die Grünen ist es gänzlich indiskutabel, dass Vancouver sich als 'grüne' Stadt präsentiert und gleichzeitig mit der Pipeline BC zu einem der größten Rohölexporteure der Welt wird. Den Bau der Pipeline zu verhindern ist Teil des Koalitionsvertrages. Die meisten Kanadier stimmen dem Plan von Premierminister Trudeau zu, die Öl- und Gasressourcen des Landes auszubeuten, während auf eine karbonfreie Wirtschaft umgestellt wird. In BC wird das kontrovers gesehen, 23% sind dafür, 24% dagegen.
 
BCs Premier Horgan besteht darauf, dass er niemandem drohen will, aber sich natürlich um seine Provinz kümmern muss. Er hat allerdings schon sehr früh einen früheren Richter des Supreme Court engagiert, um nach gesetzlichen Möglichkeiten zu suchen, den Bau der Pipeline zu stoppen. Nach der kanadischen Verfassung ist hier eindeutig die Zentralregierung zuständig. Aber BC hat natürlich Möglichkeiten: die Umweltverträglichkeit kann neu geprüft werden, es können auch neue Provinzgesetze geschaffen werden, die weitere Prüfungen verlangen. Diese würden vermutlich von der Zentralregierung gekippt, aber das ist langwierig und wäre für die Regierung in Ottawa auch politisch riskant - Trudeau kann es sich nicht leisten, viele Wähler in BC zu vergraulen. Horgan könnte aber auch einfach auf die zu erwartenden Rechtsstreite mit Umweltverbänden und First Nations setzen.
 
Im Februar verkündete die Regierung von BC, dass man erst genauer prüfen will, welche Lösungen für mögliche Unfälle vorgesehen sind. So wäre nicht klar, wie sich das zu transportierende verdünnte Bitumen in Wasser verhält. Darauf reagierte Alberta dann mit dem Verkaufsstopp für BC Wein. Dieser wurde nach zwei Wochen aufgehoben, als Premier Horgan bekannt gab, vor Gericht prüfen zu lassen, ob BC das Recht hat, nationale Vorhaben durch Provinzgesetze zu beeinflussen. Das hält ihn aber nicht davon ab, weiterhin zu drohen, die Regeln in BC so zu verändern, dass weniger Öl durch die Pipelines transportiert werden darf. Die oppositionellen Liberalen in BC weisen derweil darauf hin, dass durch solche Vorhaben vermehrt Rohöl auf der Schiene transportiert werden könnte: das Risiko ist hier höher als bei Pipelines und dieser Transportweg entzieht sich definitiv der Zuständigkeit der Provinzregierung.
 
Die fortlaufenden Diskussionen haben dazu geführt, dass Kinder Morgan am 8. April angekündigt hat, alle nicht-essentiellen Arbeiten an der Pipeline einzustellen. Bis 31. Mai will man Garantien der Regierung, dass das Projekt fertiggestellt werden wird, sonst könne man seinen Aktionären diese finanzielle Unsicherheit nicht zumuten. Alberta überlegt jetzt, sich finanziell beim Bau der Pipeline zu engagieren, bis hin zum Kauf der Pipeline, erwartet aber auch von der Zentralregierung ein entsprechendes Engagement.
 
Nachdem es Anfang April in einer Sitzungspause bereits ein Emergency-Meeting des kanadischen Kabinetts zu dem Fall gab, hat Justin Trudeau jetzt auf dem Weg von Lima nach Paris Sonntag einen ungeplanten Zwischenstopp in Ottawa gemacht, um mit den beiden Premiers die weitere Vorgehensweise zu besprechen. Nach dem Treffen stellt er noch einmal fest, die Pipeline werde in jedem Fall gebaut. Er könnte sie offiziell als von 'national interest' deklarieren und damit eindeutig die Zuständigkeit an sich ziehen. Davor schreckt er aber vermutlich zurück, weil das seiner Partei in British Columbia sehr schaden dürfte. Auch die von Albertas Premier vorgeschlagene Einschränkung nationaler Transferleistungen an BC dürfte aus demselben Grund unterbleiben. Trudeau versucht weiterhin, den Konflikt 'auf die kanadische Art' zu lösen: mit vielen freundlichen Gesprächen mit allen Beteiligten.
 
Die nationale Opposition nutzt das natürlich aus und sieht eine Gefährdung des kanadischen Rufs. Die Verlässlichkeit gegenüber der Industrie stehe auf dem Spiel.
 
Premier Horgan wies hingegen darauf hin, dass die erforderlichen Genehmigungen ohne Verzögerung abgearbeitet werden. Von Kinder Morgan wurden bisher 587 Provinz-Genehmigungen angefragt, davon sind 201 genehmigt, 386 noch in Prüfung. Insgeamt sind allerdings 1.187 Genehmigungen erforderlich, von denen viele eine Konsultation mit betroffenen First Nations erfordern, die traditionell derlei Vorhaben kritisch gegenüber stehen.
 
Der Krimi dürfte also in jedem Fall weitergehen.

Sonntag, 22. Oktober 2017

50th Parallel Estate

Zu der 'Scenic Sip'-Gruppe an Wineries in unserer Gegend gehört auch die Winery '50th Parallel Estate'.
Wie der Name nahe legt, liegt die Winery auf dem 50sten Breitengrad. Erst 2009 haben die Besitzer Curtis Krouzel und Sheri-Lee Turner-Krouzel die ersten 10 Acres (~4 ha) von Hand mit Reben bepflanzt. Passend dazu sind auch die Gebäude sehr modern. Mit einem Architekturbüro aus Calgary hat man das 'Parallel' im Namen des Weingutes auch in die Formensprache der Bauten übersetzt.
Ansicht von der Website 50th Parallel Estate

Inzwischen gehören 50 Acres zur Anbaufläche der Winery und auch bei den Gebäuden ist eine Erweiterung im Gang. Nächstes Frühjahr soll ein weiterer Bau eröffnet werden, in dem dann ein gläserner Tastingroom und auch ein Restaurant untergebracht sein werden:
Derzeit ist der Tasting-Bereich mitten in der riesigen Halle mit den Weintanks, sozusagen ein 'Wein Loft'. Auch das etwas anders als bei Gray Monk.

Ähnlich wie bei Gray Monk ist allerdings die Verbindung zu Österreich: Curtis Krouzel ist der in Kanada geborene Sohn tschechoslowakischer Eltern mit einer direkten Abstammungslinie zu österreichischen Weinbauern.
 
Die Winery hat auch trotz ihres jungen Alters bereits einen guten Ruf und viele Preise. Berühmt ist der Pinot Noir, aber es gibt auch einen sehr guten Pinto Gris, oder für die, die es lieblicher mögen, Gewürztraminer oder auch einen Riesling. In der 'Unparalleled' Linie wird noch ein besonders hochwertiger Pinot Noir angeboten. Da ist dann auch der Aufdruck auf der Flasche in silber.
Den Pinot Noir Rosé probieren wir dann, wenn es wieder wärmer ist.
 
 
Auch hier hat man natürlich einen schönen Blick auf den Lake Okanagan, derzeit bereits mit schneebedeckten Bergen im Hintergrund.

Sonntag, 17. September 2017

Verkehrsregeln in Kanada

Viele Dinge sind im kanadischen Straßenverkehr wie auch bei uns, aber eben nicht alle. Darum hier ein paar wichtige Punkte.
 
Als Besucher kann man bis zu 6 Monate mit seinem heimischen Führerschein fahren. Ein internationaler Führerschein ist nicht erforderlich. Man sollte allerdings den (gar nicht mehr so) neuen Führerschein im Scheckkartenformat haben. Die alten Führerscheine sind für Nicht-Deutsche nicht als Fahrerlaubnis zu erkennen.
Die Kanadier sind gemeinhin rücksichtsvoll und freundlich, so sollte man sich auch im Straßenverkehr verhalten.
Kanada ist bekanntermaßen nicht sehr dicht besiedelt. Wenn am Ortsausgang (ja, gerne erst dort) ein Schild steht, dass die nächste Tankstelle erst in 150 km ist, dann stimmt das und man sollte besser nochmal wenden und voll tanken.
 
Geschwindigkeitsbeschränkungen:
Soweit nicht anders angegeben, ist in Städten das übliche Limit 50 km/h und außerhalb von Städten 80 km/h. Auf den Freeways ist oft 100 km/h oder 120 km/h als Limit angegeben. 120 km/h sind die höchste in BC zugelassene Geschwindigkeit.
Auf den Freeways gilt wie in Deutschland das Rechtsfahrgebot. Allerdings darf die mittlere Spur bei mehr als zwei Spuren in eine Richtung durchgängig befahren werden.
Achtung: in der Nähe von Schulen ist das Geschwindigkeitslimit meist auf 30 km/h herabgesetzt und hier steht auch gerne mal die Polizei um das zu überprüfen.
 
Verkehrszeichen, Ampeln:
Außer in Montréal ist es in Kanada überall erlaubt, an einer roten Ampel rechts abzubiegen, wenn der Verkehr dies zulässt. Wo dies nicht erlaubt ist, findet man dieses Schild
Stopschilder gibt es in zwei Varianten: die bei uns bekannte, bei der man anhält und erst weiter fährt, wenn der Verkehr auf der Vorfahrtsstraße dies zulässt Oder es gibt die Stopschilder mit der Ergänzung '3-Way' oder '4-Way' . Hier hält man erst an und fährt dann in der Reihenfolge der Ankunft an der Kreuzung.
Wenn der Bordstein gelb oder rot markiert ist, ist hier das Parken verboten.
Die meisten anderen Verkehrszeichen sind entweder bekannt oder selbsterklärend. Hier noch ein paar Ausnahmen
Dieses Schild tritt paarweise auf und zwischen den Schildern ist Anhalten nicht erlaubt.
In Großstädten sind einzelne Spuren manchmal reserviert, was durch obiges Schild kenntlich gemacht wird. HOV steht hier für High Occupancy Vehicle und betrifft Busse und mit mehrere Personen besetzte normale Autos. Wieviele Personen in dem Auto sein müssen, damit es die Spur benutzen darf, ist auf den Schildern vermerkt. Die Reservierung ist manchmal auch Zeitlich beschränkt oder nur für Busse.
Die Fahrbahnmarkierungen zwischen Spuren in unterschiedliche Fahrtrichtungen sind gelb. Eine einfach durchgezogene Linie bedeutet hier im Gegensatz zu Deutschland nur, dass man besonders aufpassen soll, bevor man sie überquert. Nur die doppelte Linie darf nicht überquert werden.
Anders ist es bei Fahrbahnmarkierungen zwischen Spuren in die gleiche Fahrtrichtung. Diese sind weiß und bereits eine einfache durchgezogene Linie darf nicht überquert werden.
Also besser, man ist nicht farbenblind...
 
Schulbusse:
Wenn der Schulbus hält und die roten Lichter blinken, muss der Verkehr in BEIDEN Richtungen anhalten.
 
Mobiltelefone:
Mit dem Mobiltelefon während der Fahrt zu telefonieren ist in Kanada verboten, es sei denn per Freisprechanlage mit einem fest verstauten Mobiltelefon. Die Ablage in einer offenen Box in der Mittelkonsole gilt nicht als sicher für das Mobiltelefon. Auch Navigationsgeräte lassen sich während der Fahrt in Kanada nicht bedienen.
 
Alkohol am Steuer:
Die Promillegrenze ist 0,8, in einigen Provinzen - wie z.B. British Columbia - 0,5 Promille oder niedriger. Strafen bei Fahren unter Alkohol sind sehr hoch, mindestens 1000 CAN$ und ein Jahr Führerscheinentzug.
 
Polizei:
Wenn einen die Polizei anhält, verhält man sich wie in den USA: Motor ausschalten, im Auto sitzen bleiben und warten, was die Polizei sagt. Wichtig ist, dass man nie versucht, evtl. Geldstrafen direkt bei den Polizeibeamten zu zahlen. Das wird als Bestechung angesehen und ist ein schweres Vergehen.

Sonntag, 23. Juli 2017

Waldbrände in BC

Man hört in Deutschland nichts davon, aber in British Columbia wüten seit Wochen verheerende Waldbrände. Die Provinz ist seit dem 7. Juli im Ausnahmezustand, der gerade bis mindestens 4. August verlängert wurde
 
Derzeit gibt es 161 Brände, von denen 15 direkt Kommunen bedrohen. Im benachbarten Alberta stehen unter anderem 4.100 Hektar Wald im Nationalpark Banff in Flammen.
44.000 Bewohner British Columbias sind evakuiert - bei einer Bevölkerungszahl von 4,5 Millionen.
BC Wildfire Services haben eine Karte mit den derzeitigen Waldbränden veröffentlicht. Flammen stehen für Brände, die noch nicht unter Kontrolle sind, gelbe Punkte für Brände, die man inzwischen unter Kontrolle hat und rote Punkte für neue Brände.


Auch in unserer Gegend waren Waldbrände. In Lake Country, unterhalb von uns direkt am Okanagan Lake war ein Brand, der über 300 Häuser bedroht hat - 8 sind wohl mindestens niedergebrannt. Auch "unsere" Winery Gray Monk stand unter Evacuation Alert, so nah war das Feuer. Evacuation Alert bedeutet, dass alles so weit vorbereitet sein muss, dass man bei entsprechender Aufforderung umgehend die Gegend verlassen kann.
Foto von KISS fm Vernon
Nach den starken Regenfällen im Frühjahr gab es in British Columbia über lange Zeit Temperaturen von 30 Grad und mehr. Das hat erst durch eine sehr schnell einsetzende Schneeschmelze zu Hochwasser geführt, und jetzt zu den Waldbränden. Eine Besserung ist nicht in Sicht, auch für die nächsten 2 Wochen sind anhaltend hohe Temperaturen angekündigt und nur wenig Regen.
Die Rauchwolke der Waldbrände ist von Vancouver Island bis Saskatchewan zu spüren. Das ist die Provinz östlich von Alberta  und mindestens 800 km entfernt.
Aus dem All sehen die Rauchwolken so aus:
 
 
 
Für Bootsbesitzer heißt die aktuelle Lage, dass sie nachdem erst der Seezugang wegen der Hochwassersituation gesperrt war, jetzt nicht aufs Wasser können, weil weite Bereiche für die Löschflugzeuge gesperrt sind.